Vorträge
Christoph J. Schmidt-Lellek, Frankfurt am Main
Identitätsstiftende kollektive Erzählungen - Begriffsdefinitionen
(1) Mythos (altgriech. "Wort, Rede, Erzählung, sagenhafte Geschichte")
Mythos ist eine die Gegenwart erklärende Erzählung von Göttern, die in das Weltgeschehen eingreifen; ein Mythos erhebt Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. Der Gegenbegriff ist Logos, die vernunftgemäße, wissenschaftliche Welterklärung.
(2) Legende (lat. legenda: "die zu lesenden Stücke")
Legende ist ein nichtbeglaubigter, idealisierter Bericht über ein bedeutsames Ereignis oder eine bedeutsame Person mit einer moralisch-didaktischen Intention.
(3) Märchen (mittelhochdeutsch Maere: "Kunde, Bericht, Nachricht")
Märchen sind frei erfundene, phantastische Erzählungen ohne Zeit und Ort, in denen wiederkehrende Lebensthemen dargestellt werden.
(4) Sage (althochdeutsch saga: "Gesagtes")
Die Sage ist eine Erzählung von phantastischen Ereignissen, die aber als Wahrheitsbereicht gestaltet ist oder auf tatsächlichen Ereignissen beruht, meistens als Heldensage.
(5) Epos (altgriech. "Wort, Erzählung, Gedicht, Heldensage")
Epos ist ein Begriff für die Form der Erzählung; er ist in der Antike neben Drama und Lyrik eine Hauptform der Dichtung: eine umfangreiche Darstellung eines mythischen, sagenhaften oder geschichtlichen Geschehens in metrisch gebundener Sprache.
(6) Fabel (lat. fabula: Rede, Erzählung, Dichtung)
Die Fabel als Kunstgattung ist eine Kurzerzählung mit belehrender Absicht, in der menschliche Eigenschaften von nichtmenschlichen Wesen, z.B. Tieren, aufgezeigt werden.
(7) Anekdote (altgriech. anékdoton: "nicht herausgegeben")
Anekdote ist eine kurze, nicht verbürgte Erzählung von einer bemerkenswerten oder charakteristischen Begebenheit, meistens im Leben einer Person.
(8) Historie (altgriech. historia: Erforschung, Bericht über das Erforschte, Geschichtserzählung)
Historie ist wissenschaftlich begründete Geschichtsschreibung, in der die Fakten der Vergangenheit mit ihren Widersprüchen und in ihrer Bedeutung für die Gegegenwart beschrieben werden.
Lorand Madly, Universität Cluj / Klausenburg
Rumänien - Umriss einer politischen Historie
Das heutige Rumänien setzt sich aus mehreren historischen oder geographischen Regionen zusammen:
Die Moldau
Die Dobrudscha
Das Banat
Siebenbürgen oder Transsylvanien
Wichtige Meilensteine der historischen Entwicklung Rumäniens:
1. Bis zum Jahre 1918 gehörten die historischen Regionen dies- und jenseits der Karpaten zu verschiedenen Staaten: die Moldau, die Walachei und Dobrudscha bildeten das rumänische Kernland, aber Siebenbürgen und Banat waren Teile der Österreichischen (ab 1867 österreichisch-ungarischen) Monarchie.
2. Das Kernland Rumänien entstand eigentlich 1859 durch die doppelte Wahl des Fürsten Alexandri Ioan Cuza durch die jeweiligen Abgeordnetenkammern.
3. Die "Große Vereinigung" mit Siebenbürgen und dem Banat 1918 geht auf die Anerkennung des nationalitätenprinzips nach dem Ersten Weltkrieg zurück, aufgrund der mehrheitlich rumänischsprachigen Bevölkerung dieser Gebiete.
4. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird Rumänien kommunistisch: repressive Phase bis zum Jahr 1962; dann folgte das "Tauwetter" in der politischen Entwicklung Rumäniens. Später, theoretisch ab 1971, aber praktisch nach dem Jahr 1974 fand ein Umschwung zum "Nationalkommunismus" statt.
5. Der Umsturz 1989 kann sowohl als Revolution, Ausdruck von Unzufriedenheit, als auch als Staatsstreich betrachtet werden - als ein notwendiger Machtwechsel, newirkt auch durch die damaligen internationalen Vorgänge.
6. Nach dem Jahr 1990 bahnte sich die rumänische Gesellschaft den schwierigen Weg in Richtung Europa. Zunächst übte die sozialdemokratische Partei um den Staatschef Ion Iliescu (eigentlich eine Nachfolgepartei der KP) die Macht aus. Im jahr 1996 gelangte die Oppositionskoalition zur Macht, aber die wirtschaftliche Lage konnte nicht gerettet werde.
7. Nur gegen Ende der Neunziger jahre zeichnete sich eine positive wirtschaftliche Entwicklung ab, die sich nach dem Jahr 2000 allmählich intensiviert hat. Die EU-Mitgliedschaft brachte ein Sicherheitsgefühl für die Unternehmen und bildete eine Basis für neue Investitionen. Die allgemeine Wirtschaftskrise, beginnend ab dem Jahre 2008, brachte aber die Entwicklung zum Stillstand.
Dirk Manzke, Professor an der Fachhochschule Osnabrück
Die europäische Stadt - Identifikation stiftende Ikone
Mehr dazu siehe auf der Menüleiste "Architektur"
Senad Halilbasic, Wien
Die neue rumänische Welle – Filmische (Re)konstruktionen der Vergangenheit. Einleitung zu: Tales from the Golden Age (RO/FRA 2009)
Vor einigen Jahren hatte kaum jemand jemals einen rumänischen Film gesehen, heute spricht man von einer ganzen „Welle“. Um die Jahrtausendwende begannen viele junge Filmemacherinnen und Filmemacher sich mit der düsteren Vergangenheit ihres Landes auseinanderzusetzten. Kurzfilme konnten internationale Erfolge feiern, bis 2007 der rumänischen Filmbranche der Durchbruch gelang: Cristian Mungius Drama 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage gewann bei den Filmfestspielen in Cannes den Hauptpreis.
Zwei Jahre später kommt der Episodenfilm Tales from the Golden Age in die Kinos. Mehr dazu auf der Menüleiste "Film".
Klaus Pumberger, Wien
Akademie an der Grenze - ein Projekt in Europa. Aktuelle Entwicklungslinien
(1) Die Akademie im letzten Jahr auf der Insel Ütö im Schärengarten vor Stockholm in Schweden hat im nachgang für mich eine wichtige Klärung gebracht, welche Vision mich in dieser Akademie an der Grenze antreibt.
(2) ich verstehe die Akademie als eine Schule der europäischen Heterogenität, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese erleben und reflektieren sowie immer wieder aufs Neue einen konstruktivven Umgang mit der teils widersprüchlichen Vielfalt und Heterogenität europäischer Identitäten selbst auch einüben können: die eigene Identität erkennen, sie pflegen und sich zugleich für andere Identitäten öffnen:
* immer exemplarisch an einem konkreten Thema mit europäischer Dimension;
* inspiriert durch den konkreten Ort, an dem die Akademie jeweils ihre Zelte aufschlägt, mit Bezug zu diesem Thema;
* auch im Spiegel der Erfahrungen der weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
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